Sexualität | Raphael M. Bonelli https://seite.bonelli.tv Vorträge, Diskussionen, Interviews Tue, 28 Jul 2020 12:48:55 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.4.16 Flirt oder Missbrauch? https://seite.bonelli.tv/flirt-oder-missbrauch/ Sat, 12 Oct 2019 15:56:00 +0000 https://seite.bonelli.tv/?p=224493 Raphael Bonelli zeigt in diesem Vortrag die Bandbreite vom gesunden Flirt zwischen Mann und Frau bis hin zur sexuellen Belästigung durch einen Psychotherapeuten im Fallbeispiel.

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Vom gesunden Flirt zum narzisstischen Missbrauch

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Begegnung auf Augenhöhe https://seite.bonelli.tv/begegnung-auf-augenhoehe/ Mon, 17 Dec 2018 08:24:00 +0000 https://seite.bonelli.tv/?p=225062 Zurück zum Eros: Wenn sich ein Paar auf Augenhöhe begegnet, wird seine Beziehung gelingen, sagt der Wiener Psychotherapeut und Buchautor Raphael Bonelli.

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Was steht zwischen Mann und Frau?

Kritik an Gender-Studien wird gern von rechten Hardlinern bis zu Extrem-Rechten thematisiert.
Diese Leute sind eher im Biologismus unterwegs. Ich sage: Beide Geschlechter sind gleich viel wert, aber sie sind nachweislich unterschiedlich. Wenn sich Mann und Frau tatsächlich auf Augenhöhe begegnen, wird ihre Beziehung gelingen. Das hat nichts mit Ideologie zu tun.

 

Erklären Sie das bitte präziser.
Beide Geschlechter sind gleich intelligent, beide lösen Aufgaben in gleicher Zeit, aber eben in unterschiedlichen Hirnregionen. Bei Frauen sind Lösungen assoziativ entwickelt und emotional verknüpft. Der Mann hingegen blendet das Rundherum aus und bearbeitet das Problem mit dem Scheuklappenblick. Heißt: Zwei Augen blicken auf ein und dieselbe Sache mit unterschiedlichen Blickwinkeln. Erst dadurch wird eine dreidimensionale Sicht ermöglicht. Beide profitieren davon, dass der andere anders denkt, wenn sie respektvoll aufeinander hören.

Der ganze Artikel, der am 17. Dezember 2018 im Deutschlandfunk erschienen ist, kann hier nachgelesen werden.

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Plädoyer für eine sexuelle Liturgie https://seite.bonelli.tv/plaedoyer-fuer-eine-sexuelle-liturgie/ Thu, 04 Sep 2014 09:48:38 +0000 http://www.bonelli.tv/?p=1171 Als ich ein pubertärer, rebellischer Jugendlicher war, habe ich die Zehn Gebote als eine unerträgliche Einschränkung meiner ach so wichtigen Freiheit erlebt. Doch drei Jahrzehnte später, nach längerem hochinteressanten Arbeiten als Psychiater, bei dem ich Anteil nehmen darf an dem Schicksal so vieler Menschen, die sich mir anvertrauen, merke ich, was Gott wirklich mit ihnen […]

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Als ich ein pubertärer, rebellischer Jugendlicher war, habe ich die Zehn Gebote als eine unerträgliche Einschränkung meiner ach so wichtigen Freiheit erlebt. Doch drei Jahrzehnte später, nach längerem hochinteressanten Arbeiten als Psychiater, bei dem ich Anteil nehmen darf an dem Schicksal so vieler Menschen, die sich mir anvertrauen, merke ich, was Gott wirklich mit ihnen gemeint hat: eine liebevolle Anleitung zum Glücklichwerden und eine behutsame Warnung vor Untiefen, die das Schiff des Lebens gefährden und sogar sinken lassen können. Die Zehn Gebote warnen nämlich vor dem Abgrund im Menschen selbst. Das hat nichts mit einer „Drohbotschaft“ zu tun, wie ich mir damals irrigerweise einreden ließ, sondern mit der überwältigenden Realität des Faktischen: Das Leben kann eben auch misslingen. Davon kann jeder Psychiater ein Lied singen.

Nehmen wir beispielsweise das 9. und 10. Gebot: Wie viele meiner Patienten machen sich durch ihren Neid ihr Leben zu Hölle! Neid ist übrigens unabhängig von persönlichem Reichtum oder Talent: der Neidhammel finden immer jemanden, dem er irgendetwas neiden kann. Oder das 8. Gebot: Notorische Lügner verheddern sich mehr und mehr in einer Scheinwelt, die sie isoliert und beziehungsunfähig macht. Wieviel leichter und schöner ist doch das Leben in der Klarheit der Wahrheit! Oder das 7. Gebot: Diebstahl macht wirklich nicht glücklich, und Diebesbeute und zu Unrecht angehäuftes Eigentum ist eine schwere Last für das Gewissen – auch wenn das mühsam verdrängt wird.

Nun zum 5. Gebot: Wie viele Frauen (und manchmal auch Männer) kommen nicht darüber hinweg, dass sie – vielleicht vor Jahrzehnten – wehrloses ungeborenes Leben getötet haben, das Gott ihnen anvertraut hat! Oder das 4. Gebot: Wie richtig fühlt es sich doch an, die Eltern zu ehren – im völligen Bewusstsein, dass sie nicht immer alles richtig gemacht haben, denn das Gebot lautet nicht: „Ehre Vater und Mutter nur dann, wenn sie wirklich total fehlerlos und perfekt waren“. Und die ersten drei Gebote: Wie gut tut es der Psyche, einen liebenden Schöpfergott über sich zu wissen, und nicht einsam und ungeliebt in einer sinnlosen Welt dahinzuvegetieren, zufällig durch Mutation und Selektion aus einem gleichgültigen Urknall entstanden.

Das erste Fazit eines Psychiaters: Jenseits der göttlichen Gebote gibt es allenfalls kurzfristige Befriedigung, aber sicher kein langfristiges Glück – weder in diesem Leben (dafür ist der Psychiater ja zuständig) noch im nächsten (das sich der nervenfachärztlichen Kompetenz entzieht). Das Gebot aber, das aus psychiatrischer Perspektive besonders fasziniert, ist das sechste. Hier, scheint es, hat der Mensch selbst die mitgelieferte Gebrauchsanweisung zur eigenen Leiblichkeit in einer überheblichen Naivität zerrissen. Bei keinem anderen Gebot ist ein Konsens unter Menschen so schwer zu finden: Zumindest theoretisch ist man sich einig, dass Lügen, Stehlen und Morden nicht wirklich super ist, aber die „Unkeuschheit“? Ist das nicht Schnee von gestern?

So langsam erscheint Licht am Ende des Tunnels der Unwissenheit und wir erkennen, dass doch nicht alles lustig ist, was sich zuerst so anfühlt. Täglich stranden an die Ufer der Nervenärzte tragische Opfer des Zeitgeistes, die sich mit Beachtung der kirchlichen Lehre sicherlich viele Probleme erspart hätten. Was die Kirche unaufgeregt als Sünde benennt, tut dem Menschen tatsächlich nicht gut: Ehebruch, Prostitution, Promiskuität, Pornographie und Masturbation sind vielleicht kurzfristig aufregend, führen aber definitiv nicht zum langfristigen Glück.

Unsere Kirche weist milde, ruhig und menschenfreundlich auf das hin, was dem Menschen entspricht. Ganz zum Unterschied vom drohend erhobenen Zeigefinger des Zeitgeistes, der zwischen theatralischer Empörung und moralinsaurer Entrüstung schwankt, wenn jemand etwa das Binnen-I vergisst oder sich gar mit der Meinung in die Öffentlichkeit wagt, dass es „normal“ sei, wenn einem Mann ausschließlich Frauen gefallen und umgekehrt. Wer gegen den politisch-korrekten Moralcodex verstößt, hat zwar vielleicht momentan fanatische Anfeindungen zu erdulden, aber sein Leben erleidet keinen inneren Schaden.

Der entsteht hingegen sehr wohl, wenn göttliche Gesetze übertreten werden, denn Gott geht es nicht um die rücksichtslose Durchsetzung einer Ideologie, sondern um das Glück des Menschen. Sogar Alice Schwarzer, wahrlich keine Kirchenlehrerin, spricht sich für die Zurückdrängung der öffentlichen Unkeuschheit aus, mit einer interessanten Argumentation: „Sollte die Reform des fatalen Prostitutionsgesetzes von 2002 jetzt scheitern, dann liegt das an euch: den linken Frauen, Ihr, die engagierten Frauen in der SPD und bei den Grünen oder Linken. […] Was immer ihr glaubt, bedenkt, wie allein schon die Möglichkeit, zu einer Prostituierten zu gehen, das Begehren und den Blick eines Mannes und eurer Söhne prägen kann. Ein Blick, der sich auch auf euch und eure Töchter richtet.“ Das erinnert uns überraschend stark an Worte, die wir aus einem anderen Kontext kennen: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.“ Der reine, ja der keusche Blick scheint im Zeitalter des allgegenwärtigen sexuellen Missbrauchs wieder „in“ zu werden. Wie erfreulich!

Die 68er, denen Alice Schwarzer da widerspricht, haben lange dafür gekämpft, dass die Gesellschaft das als „normal“ oder sogar wünschenswert erachtet, was die Bibel Sünde nennt. Und doch verheddert sich in einem Netz aus Lüge, Zwielichtigkeit, unwürdigem Versteckspiel und irreversiblem Vertrauensverlust, wer in diese Fälle tappt – und kommt immer schwerer heraus. Nicht selten ist das Scheitern der Ehe, des Berufs oder gar des Lebens die Folge. Psychiater sehen in diesen Phänomenen als „Sexsucht“ und „Pornosucht“ sogar eine krankhafte Dimension. Ja, die Weltgesundheitsorganisation der UNO vergibt in ihrer „Internationalen Klassifikation der Krankheiten“ diesem Fehlverhalten sogar eine Diagnosenummer zur Katalogisierung: F52.7.

Im Roman „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ zeigt Milan Kundera nicht nur die Unmenschlichkeit des Kommunismus auf, sondern vor allem die Unmenschlichkeit der von den 68ern propagierten Promiskuität und ehelichen Untreue – das ist bei ihm die „Leichtigkeit des Seins“, die unerträglich wird. Trotz einer ideologischen (Schein-)Rechtfertigung wird die Protagonistin Teresa nicht mit der chronischen Untreue ihres Mannes Tomas fertig, schlittert immer tiefer in Depressionen und verzweifelt völlig. Ja, sie stürzt sich sogar in ein entwürdigendes Liebesabenteuer, weil sie glaubt, dass ihre Sehnsucht nach ehelicher Treue veraltet und verzopft ist. Erst ganz am Ende dieses traurigen Bestsellers finden Tomas und Teresa zu einem treuen Eheleben und die Beziehung – und übrigens auch das Buch – wird doch noch schön.

Das Wort „schön“ ist wohl die richtige Bezeichnung für das göttliche Geschenk der Sexualität, wenn sie dem Menschen gemäß gelebt wird – nach der göttlichen Gebrauchsanweisung, dem sechsten Gebot. „Keuschheit bedeutet die geglückte Integration der Geschlechtlichkeit in die Person und folglich die innere Einheit des Menschen in seinem leiblichen und geistigen Sein“, lehrt uns die Kirche im großartigen Katechismus, den ich nur jedem empfehlen kann, der ihn noch nicht kennt (KKK 2337). Keuschheit macht frei und froh, Unkeuschheit logischerweise unfrei und unfroh. Es ist für einen Nichtmediziner kaum vorstellbar, wieviele Menschen im Bereich der Sexualität tun, was sie nicht tun wollen, erleben, was sie nicht erleben wollen und erleiden, was sie nicht erleiden wollen. Und es ist erschreckend, wie sehr Ideologen dieses Leiden nicht wahrhaben wollen, weil „nicht sein kann, was nicht sein darf“. Einem sexsüchtigen Patienten wurde kürzlich von einem Kollegen tatsächlich gesagt, er behandle ihn nicht, weil Pornographie toll sei. Dass der Patient fünf Stunden pro Tag (!) tat, was er nicht wollte und sehr darunter litt, war dem Fachmann egal. Gelungene Sexualität lässt eine Verbindung zwischen zwei Menschen zu, die sonst auf Erden nicht zu erreichen ist.

Gelungene Sexualität ist keusche Sexualität. Das zu Unrecht desavouierte Wort „Keuschheit“ bezeichnet einen Zustand der geglückten Einordnung der Sexualität ins persönliche Leben. Keuschheit ist also nicht das Fehlen von Sexualität, sondern ihr kräftiges Aufblühen im Garten, in dem sie gepflanzt ist: der Ehe. Sexualität ist eine Sprache der Liebe, die Unausdrückbares auszudrücken vermag. Dieses hohe, zarte und zerbrechliche Gut wird von der Kirche behutsam geschützt, indem es sogar auf die Ebene eines Sakramentes gerückt wird. Die Kirche lehrt uns nicht nur, „dass Mann und Frau füreinander geschaffen sind“ (KKK 1605), das ist ja heute schon revolutionär, sondern sogar, dass Gott den Menschen zur Liebe berufen hat: „Gott, der den Menschen aus Liebe erschaffen hat, hat ihn auch zur Liebe berufen, welche die angeborene, grundlegende Berufung jedes Menschen ist“ (KKK 1604). Gott selbst ist die Liebe und hat den Menschen als sein Ebenbild geschaffen: zur Liebe berufen. Das atheistisch geprägte viktorianische Zeitalter eines Charles Darwin, Karl Marx, Ludwig Feuerbach und Friedrich Nietzsche hatte im krassen Gegensatz zur kirchlichen Lehre echte Probleme mit der Leiblichkeit. Da sie keine Kenntnis der unsterblichen Seele mehr hatten, fielen sie in eine körperfeindliche Prüderie. Sexualität galt ihnen als tierisch-primitive Verhaltensweise, die kontrolliert werden und mit der sparsam umgegangen werden musste, da andernfalls die Karriere des Einzelnen oder gar die gesamte Wirtschaft leiden könnte. Naive „progressive“ Strömungen in der Kirche hatten diesen Unfug damals eifrig übernommen und etwa mit Rückenmarkschwund nach Masturbation gedroht. Nicht alles, was „modern“ ist und sich „wissenschaftlich“ gibt, ist deswegen auch schon wahr. Auch heute plappern manche kirchliche Kreise unkritisch „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ nach, die in Wahrheit leere Propagandaslogans einer beinharten Ideologie sind.

Als Psychiater kommt man nicht umhin festzustellen, dass bis heute manche Christen von dieser gottlosen Körperfeindlichkeit angesteckt wurden. Denn sie bewegen sich im Ehebett seltsam verzwickt und verzwackt, verklemmt und gehemmt: das ist wirklich nicht katholisch! „Katholiken müssen die besten Liebhaber sein“, sagte mir mein erster Lehrer und väterlicher Freund, der Priester, Psychiater und Philosoph Johannes B. Torello. Ich glaube, er hat recht: Sexualität ist ein göttliches Geschenk, das nur mit der pneumatisch inspirierten kirchlichen Gebrauchsanweisung zu einer ekstatischen Höhe erblühen kann. Die gottgewollte Vereinigung zweier Leiber ist ein in sich wunderschöner Akt, bei dem zwei unsterbliche Seelen einander unwiderruflich begegnen und sich gegenseitig prägen. Katholische Heilige wie Josemaría Escrivá sprechen sogar vom „Altar des Ehebettes“, und so kann man wohl die eheliche Vereinigung auch eine sexuelle Liturgie nennen. Das feiern, was Gott uns zu feiern aufgetragen hat: mit Gott und in Gott, in all seiner wunderbaren und unauslotbaren Schönheit, die die Sexualität in sich trägt. Daraus erwächst noch Größeres: die Mitarbeit an der Schöpferallmacht Gottes, die Fähigkeit, Geschöpfe mit unsterblichen Seelen zu zeugen.

Sexualerziehung kann demnach nicht damit enden, dass man den Kindern erklärt, wie die Organe ineinander passen, weil der Kontext dieses göttlichen Geschenks die Treue der echten Liebe ist. Aus dem Kontext gerissen ist Sexualität nur eine armselige Karikatur ihrer selbst. Sexualerziehung kann aber schon gar nicht daraus bestehen, ein neurotisch-ängstliches Vermeidungsverhalten einzutrainieren: Sexualität besteht nicht in einem Vermeiden von Schwangerschaften, nicht in einem „Nein“, sondern in einem unbedingten „Ja“. Ein Ja zum eigenen Leib, zum göttlichen Geschenk der Sexualität, zu seiner eigenen Fruchtbarkeit, zum Ehepartner und auch zum Kind als Folge der ehelichen Liebe.

Viele Menschen reiben sich an der Sexualmoral der Kirche, weil sie die menschliche Liebe nicht verstehen und damit Sexualität nicht richtig einordnen können. In seiner prophetischen Enzyklika „Humanae vitae“ schreibt Paul VI., dass die Kirche gar nicht die Urheberin des Sittengesetzes ist und gar nicht befugt, dieses zu verändern: „Sie bewahrt das Gesetz lediglich und legt es aus, ohne dabei jemals für erlaubt erklären zu können, was wegen seines innersten und unwandelbaren Gegensatzes zum wahren Gut des 04Menschen niemals erlaubt ist.“ Gott sei Dank wechselt die Kirche ihre Lehre nicht wie andere die Kleidung – je nachdem, wie die Mehrheit gerade tickt. Denn die Mehrheit irrt oft: Hitler, Abtreibungen und Euthanasie kamen jeweils durch Mehrheitsbeschlüsse zustande. Die Kirche ist ein unmanipulierbarer Fels in der Brandung und damit ein starker Orientierungspunkt für Suchende.

Der Artikel wurde in der deutschen Tagespost veröffentlicht.

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Ein Plädoyer für den Zölibat aus Sicht der Psychologie https://seite.bonelli.tv/ein-pladoyer-fur-den-zolibat-aus-sicht-der-psychologie/ Tue, 11 Oct 2011 21:26:23 +0000 http://www.bonelli.tv/?p=418 Wer als Psychologe forscht und arbeitet, weiß, dass die zölibatäre Lebensform wie die Ehe dem Menschen alle Möglichkeiten gibt, an Leib und Seele gesund und glücklich zu leben – weil diese Entwürfe auf Verbindlichkeit angelegt sind. Eine Widerlegung gängiger Verdächtigungen des Zölibats von Raphael M. Bonelli Der Blickwinkel eines Psychiaters auf ein religiöses Phänomen wie […]

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Wer als Psychologe forscht und arbeitet, weiß, dass die zölibatäre Lebensform wie die Ehe dem Menschen alle Möglichkeiten gibt, an Leib und Seele gesund und glücklich zu leben – weil diese Entwürfe auf Verbindlichkeit angelegt sind. Eine Widerlegung gängiger Verdächtigungen des Zölibats

von Raphael M. Bonelli

Der Blickwinkel eines Psychiaters auf ein religiöses Phänomen wie den Zölibat ist ein spezieller, und man darf die Frage stellen, ob er überhaupt etwas Brauchbares aussagen kann. Die zweidimensional verflachte Sichtweise der Psychologie auf ein dreidimensionales Phänomen hat nämlich zwangsläufig einen Reduktionismus zur Folge. Ohne die dritte Dimension, der Transzendenz, ist aber das zölibatäre Phänomen nur mangelhaft erfassbar, da diese Lebensform wie keine andere vom Wesen her transzendent ausgerichtet ist. Weil sich aber die Kritik an dieser Lebensform fast ausschließlich in diesem platten Koordinatensystem bewegt, ist hier eine saubere Analyse doch von Nutzen.

Der Psychiater begegnet dem Menschen in dreierlei Krisen: erstens in endogenen psychischen Störungen, die durch ein Ungleichgewicht im Gehirnstoffwechsel verursacht werden, zweitens in reaktiven Störungen, die durch ein Trauma hervorgerufen sind, und drittens in neurotischen Störungen, die durch ein „Verheddern“ des Ich in sich selbst verursacht werden. Diese Störungen kommen sowohl beim Zölibatären und beim Verheirateten vor, wie auch beim Ungebundenen, der das Freiheits- und Lebensideal des Zeitgeistes lebt. Allerdings wird beim Zölibatären besonders gerne und unwissenschaftlich vorschnell ein kausaler Zusammenhang zwischen der psychischen Störung und seinen spezifischen Lebensumständen hergestellt. Ein depressiver oder alkoholkranker Pfarrer ist für einfache Gemüter schon ein schlagender Beweis, dass der Zölibat nie gelingen kann. Psychodynamisch auffällig ist, dass den zölibatären Menschen, die sich reflektiert und freiwillig in diesen Lebensstand begeben haben, schulmeisterlich ein quälendes „nicht dürfen“ unterstellt, während den Ungebundenen, die sich mehrheitlich unfreiwillig in diesem Zustand befinden, ein fröhliches „alles können“ a la James Bond konstatiert wird. Das lässt tief blicken auf die ideologisierten Scheuklappen vieler Zeitgenossen.

Während in der Krankheitsgruppe der endogen-biologischen Gebrechen alle drei Lebensstile gleich häufig betroffen sind, sind reaktive psychische Störungen, hier als zweite Gruppe benannt, in der Praxis beim Verheirateten häufiger. Grund dafür ist, dass er am engsten an Mitmenschen gebunden ist und damit häufig selbst ins Wanken gerät, wenn der Partner oder die Kinder in eine existenzielle Krise geraten. Ehe ist ein sehr enges, verwundbares und krisenanfälliges Lebensmodell, das einerseits viel Stütze und andererseits viel Belastung bedeuten kann. Quälende Ehesituationen gehen besonders an die Substanz und gehören zu den häufigsten Gründen, warum Psychotherapeuten aufgesucht werden. Hier hat der Zölibatäre den Vorteil, dass sein Lebenspartner – Gott – keine Launen und Egoismen aufweist, und auch nicht in die Krise fällt. Der Ungebundene hingegen ist sich selbst der Nächste.

Bei den neurotischen Störungen, der dritten Gruppe, findet man aus psychiatrisch- wissenschaftlicher Sicht bei der unverbindlichen Lebensform ein signifikant höheres Risiko, Süchte und neurotische Ängste zu entwickeln und im Alter durch Vereinsamung, Verbitterung und Sinnverlust eine höhere Suizidrate aufzuweisen als bei den verbindlichen Lebensformen. Erklärbar ist das durch die fehlende Hingabe in der James-Bond-Gruppe, im Vergleich zu Zölibatären oder Eheleuten, die sich selbst und ihre Bedürfnisse immer wieder aus Liebe zurückgestellt haben. Der Ungebundene steht hier nicht für jeden Ledigen, sondern für das zeitgeistige Lebenskonzepts der Unverbindlichkeit. Selbstverständlich können auch Ledige ein selbstloses Leben führen, und auch Eheleute und Zölibatäre sind den Gefahren der Selbstverfangenheit und des Egoismus ausgeliefert. Wer ein Leben lang danach trachtet, „sich selbst zu verwirklichen“ und „auf seine Bedürfnisse zu achten“ anstatt einem größerem Ideal zu dienen, der wird offensichtlich immer mehr auf sich selbst zurückgeworfen und endet häufig in der Verzweiflung. Es entspricht dem Menschen, sich aus Liebe hinzugeben; das ängstliche oder egoistische Selbstbewahren hingegen führt in die Verbitterung. Die frei gewählte Verbindlichkeit in Ehe und Zölibat hat psychoprotektive – also seelensichernde – Funktion, auch wenn es manchmal zur Sehnsucht nach Ausbruch aus dieser Liebesbindung kommen kann.

Mit Hinweis auf die Psychologie kritisieren manche, dass der „Zwangszölibat“ der katholischen Priester menschlich unzumutbar sei. Da Zölibat eine lebenslange Entscheidung ist, würde aus psychologischer Sicht ein „Zwang“ in diese Richtung tatsächlich äußerst problematisch sein. Genauer analysiert meint die Kritik aber meist nur die Verbindlichkeit. Es ist weder Zwang noch Erpressung, wenn beispielsweise die Frau vor der Hochzeit klarstellt, dass sie keinen Ehebruch des Mannes wünscht. Das ist eine Bedingung, auf die der Bräutigam sich sehenden Auges einlässt. Gleichermaßen kann man sagen: Unter welchen Bedingungen die Kirche jemanden zum Priester weiht, ist ihre Sache. Wer sich darauf wissentlich einlässt, wurde weder gezwungen noch erpresst, sondern hat die Bedingungen akzeptiert. In der Regel ist die Entscheidung zum Zölibat wesentlich länger und besser geprüft als die zur Ehe: Irgendwann entscheidet er sich aber dann, und dann wird es verbindlich, denn der Zölibatäre ist eben nicht ungebunden, und seine Lebensform nicht unverbindlich. In der Psychotherapie sieht man recht häufig, wie Ehebrecher sich in einer Form von Selbstbetrug als Opfer darstellen, ihre Tat schönreden, die ursprüngliche Eheentscheidung als unfrei uminterpretieren und den Partner in die Täterrolle zwängen – nur um sich selbst die quälenden Schuldgefühle zu nehmen. Das nennt man Rationalisierung. Derselbe psychische Mechanismus tritt auch manchmal bei Zölibatären in der Krise auf, dann oft von medialem Jubel ob eines armen befreiten Gefangenen begleitet.

Oft wird auch mit (pseudo)psychologischem Ton postuliert, dass die permanente Ehelosigkeit um eines höheren Zieles willen psychologisch gesundheitsschädlich sei. Gerne wird hier Sigmund Freud zitiert: „Die Ursache der Neurose ist der von der Wirklichkeit aufgedrängte Verzicht auf Befriedigung der Sexualwünsche.“ Einerseits gilt das Postulat vom neurotisierenden Sexualverzicht heute nicht mehr als brauchbares therapeutisches Konzept für Pädophile und andere Straftäter, andererseits betont Freud selbst, dass nur die Unfreiwilligkeit zur Neurose führt. Sein Schüler Carl Gustaf Jung wird ein paar Jahre später genauer: „Wenn die sexuelle Enthaltsamkeit keine Flucht vor den Nöten und Verantwortungen des Lebens und des Schicksals ausdrückt, dann ist sie keinesfalls schädlich. Sie muss aber frei ausgewählt sein und auf religiösen Überzeugungen beruhen: alle anderen Motivationen sind zu schwach und verursachen Mangel an innerlicher Einheit, und dadurch die Neurose, welche immer einen moralischen Konflikt austrägt.“

In der heutigen Zeit betreiben manche eine Pathologisierung des kontrollierten Sexualtriebs. Der Zölibatäre – wie jeder normale Mensch – sollte den Input zu regeln wissen und eine Erregung vermeiden, die nur im Kontext einer Liebeshingabe sinnvoll sein würde. Jede Autoerotik führt beim Zölibatären in die falsche Richtung: Erregen und verdrängen ist der falsche Weg. Gas und Bremse gleichzeitig macht das Auto kaputt. Die Fähigkeit, auf Sexualität verzichten zu können, ist nicht nur möglich, sondern übrigens auch in jeder partnerschaftlichen Beziehung notwendig. Sex erscheint in der Pubertät vielleicht vorübergehend ein unbeherrschbar mächtiges Phänomen zu sein, das dann aber im Laufe der Zeit durch Reifung zu einem Instrument und einer Sprache der Liebe kultiviert werden muss. Sexualität muss jederzeit aus Rücksicht auf das geliebte Du oder um eines höheren Gutes willen zurückgefahren werden können. Auf Erotik kann der Mensch ohne Gesundheitsschäden verzichten, im Gegensatz zum Essen oder Trinken. Sexualität darf auch keinesfalls als Medikament für irgendwelche Störungen missverstanden werden.

Jede Lebensform kann ich-haft scheitern. Das heißt, dass sich der Mensch in sich selbst verspinnt, sich seiner ursprünglichen Liebe entfremdet und den Blick auf die anderen verliert. Zölibat ist zwar vom Konzept die selbstloseste Lebensform, und er unterliegt auch nicht der Versuchung des biologischen Egoismus, in dem die eigenen Kinder als narzisstische Kopien missverstanden werden – aber bei Verlust der Gottesbeziehung fällt der Zölibatäre auf sich selbst zurück und regrediert zum Unverbindlichen.

Ein religiös motivierter Lebensstil stabilisiert die psychische Gesundheit, wie eine rezente wissenschaftliche Metaanalyse an der US-amerikanischen Duke-University gezeigt hat. Das heißt, dass der Glaube das Leben prägt und formt. Bei Verlust der religiösen Überzeugung ist die zölibatäre Lebensform dann sinnentleert und wird vielleicht nur äußerlich aus Opportunitätsgründen fortgeführt. Dieser Spagat ist psychisch belastend, weil das „Warum“ verloren gegangen ist. Das führt zu einem Doppelleben, das nicht mehr glücklich macht. Ein Zölibatärer ohne Gebet triftet immer mehr in ein unverbindliches Selbstverständnis ab, bis er seine ursprünglich eingegangene Verbindlichkeit nicht mehr erträgt.

Tatsache ist, dass auf Dauer nur psychisch gesunde Persönlichkeiten zum zölibatären Weg fähig sind. Die Ehefähigkeit ist dabei eine Voraussetzung. Ein schizoides Desinteresse an jeglicher menschlicher Beziehung oder sexuelles Desinteresse an einer erwachsenen Frau ist keinesfalls Zeichen einer Berufung, sondern im Gegenteil ein Ausschlusskriterium. Der Zölibat ist nur dann wertvoll und echt, wenn ihn ein ehefähiger Mensch wählt. Ein eheunfähiger Mensch lebt niemals zölibatär, auch wenn er diesen Lebensstil äußerlich imitiert. Als aktuelles innerkirchliches Beispiel sei die Ephebophilie genannt– das sexuelle Interesse eines erwachsenen Mannes am geschlechtsreifen männlichen Jugendlichen. Diese Männer haben kein natürliches Interesse an einer Ehe. Die Daten der gegenwärtigen kirchlichen Missbrauchsfälle von Deutschland, Österreich und der Schweiz ähneln einander: etwa 70 Prozent der sogenannten Pädophilie-Fälle waren ephebophile Taten, 20 Prozent waren Übergriffe auf geschlechtsreife Mädchen und zehn Prozent echte Pädophilie-Fälle (Kinder unter zehn Jahren). Der „John Jay Report“ aus den USA findet ganz ähnliche Zahlen, insbesondere bei den sogenannten „Specialists“- Tätern. Dort waren 82 Prozent der kirchlichen US-Missbrauchsopfer zwischen 1950 und 2002 männlichen Geschlechts. Ein ehefähiger zölibatärer Mann kann zweifellos manchmal bei einer erwachsenen Frau schwach werden – unter keinen Umständen wird er aber ephebophil oder pädophil, auch wenn er schon sehr lang auf Sexualität verzichtet hat.

Der bekannte US-Psychologe Martin Seligmann konstatiert zu Recht, dass die alte Psychologie defektorientiert war – dass also alles, was unter die psychologische Lupe genommen, nach Defekten abgesucht wurde. Die moderne positive Psychologie hingegen, die sich in den USA immer mehr durchsetzt, sucht nach Stärken und Ressourcen des Menschen, und pathologisiert nicht sofort jeden Lebensumstand.

In der Tat findet man nach der Methode der modernen Ressourcenpsychologie viele Möglichkeiten, die eine zölibatäre Lebensform eröffnet. Die emotionale Energie, die der Verheiratete zu Recht in Partnerschaft, Nestbau und Brutpflege investiert, ist beim Zölibatären verfügbar für die Gottesbeziehung „mit ungeteiltem Herzen“ und zum Dienst am anderen. Beziehungsarbeit, bei Verheirateten Zweisamkeit mit dem Partner, beim Zölibatären Gebet, ist eine wertvolle Investition in die Zukunft, die der Unverbindliche zu seinem langfristigen Schaden nicht in dem Maß leistet. Der Zölibatäre kann die Freiheit des Junggesellen mit der Verbindlichkeit und damit der menschlichen Reifung des Verheirateten vereinen. Das gelungene zölibatäre Leben zeigt ein Nähe-Distanz-Phänomen: Er kann durch seine selbstlose Hingabe große Nähe herstellen und gleichwohl die nötige Distanz halten. Genau wegen der Verpflichtungen, die er auf sich genommen hat, versteht der Zölibatäre viele Dimensionen des Ehelebens und hat das Potenzial, sich zu einem selbstlosen Berater zu entwickeln. Johannes Paul II. und Mutter Teresa sind zwei Bespiele für Menschen, die nur durch diese Lebensform ein äußerstes Maß an Hingabe an Gott und die anderen leben konnten. Vieles tief Menschliche ist nur durch Verbindlichkeit erfahrbar: Lebenserfahrung, Treue, Konstanz auch an „schlechten Tagen“. Daraus resultiert mehr Beziehungsfähigkeit, mehr Intensität in der Begegnung, mehr Freiheit, mehr Überblick. Er kann dadurch mehr die Richtung angeben, und das braucht sowohl die Kirche wie auch die Gesellschaft.

Der Artikel wurde in der deutschen Tagespost veröffentlicht. 

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